Ich bin bereit

Am 18. August 2009 stand eine ziemlich dicke und unsportliche Helge im Trierer Nordbad und nahm an ihrem ersten Schwimmtraining bei der Tri Post Trier teil. Oder sagen wir mal besser so: Sie versuchte 1 Stunde lang nicht abzusaufen und einfach zu überleben. 😆
Am 19. August 2017 will eben diese nicht mehr ganz so dicke und etwas sportlichere Helge bei einem der schwersten Langdistanz-Triathlons an den Start gehen.
Das ansich klingt schon ziemlich irre.
Und irre gefällt mir. Normal kann ja jeder 🙄

Es ist jetzt bald soweit. Ich befinde mich bereits in der Taperingphase.
Die letzten Wochen und Monate waren nicht immer ganz einfach. Ich kann jetzt nicht behaupten, das die Vorbereitung gut verlief, also zumindest nicht so, wie ich das gewöhnt bin. Auf dem Höhepunkt meines Schwächeanfalls im Juni in Österreich fühlte ich mich so klein und unfähig, das ich sicher war, ich könnte noch nicht mal den ersten Berg beim Inferno schaffen. Die Berge wurden immer höher und ich wurde immer kleiner.
Nachdem ich das Problem erkannt hatte und die einzig richtige Schlussfolgerung gezogen hatte, wurde es immer besser. Ich gewann wieder an Kraft. Körperlich und mental. Und ich war mir wieder sicher, das ich an den Start gehen kann. Nur das Ziel wurde etwas nach unten korrigiert.
Da es beim Inferno ziemlich harte Cut-Off Zeiten gibt (niemand möchte im Dunkeln irgendwelche Läufer im Gebirge suchen), ist es so, das jedes Jahr ca. 20 % der Starter (ich habe das recherchiert 😆 ) an einem der Kontrollpunkte bereits das Rennen beenden müssen.
So habe ich in den letzten Wochen mein Ziel darauf beschränkt bis Stechelberg zu kommen (Ende MTB Strecke). Wenn ich besonders kämpferisch drauf war, wagte ich zu hoffen, das ich vielleicht sogar auf die Laufstrecke dürfte und dann bis Mürren kommen würde.
Aber ist es denn überhaupt noch möglich, so einen Wettkampf anzugehen wenn man vorher schon das Ziel nicht mehr anvisiert? Kann man irgend etwas schaffen, wenn man es sich von vornherein selbst gar nicht zutraut?
Ich wusste es nicht, aber ein „ganzer“ Inferno schien unerreichbar für mich und ich war einfach nur froh, mich überhaupt wieder so zu fühlen, das ich mit Freude an den Start gehen kann.
Dann kam die letzte Woche. Die letzte harte (wirklich harte) Trainingswoche. Und da passierte etwas, das ich schon gar nicht mehr erwartet hatte. Am Mittwoch und Donnerstag standen Tempoeinheiten auf dem Plan. Rad und Lauf. Und es war für mich so unglaublich wie locker und leicht ich die Berge hoch „flog“ 😯
Ich fühlte mich unglaublich stark und es war die helle Freude. 🙂
Samstag dann gab es die letzte ganz lange Einheit für mich und Bergziege Frank. Wir redeten fast ausschließlich darüber, was wir nach dem Inferno und im nächsten Jahr NICHT tun wollen (so wie lange Radeinheiten, Samstags morgens früh aufstehen, zum Erbeskopf fahren … ) 😆
Aber in 7 Stunden meisterten wir (trotz ganz schön müder Beine) 3000m Schwimmen, 82 km Rennrad mit 1450 HM, 25 Km MTB mit 500 HM und 7 Km Lauf mit 450 HM. 😯
Und da wusste ich es: Das Ziel ist nicht Stechelberg oder Mürren. Nein, das Ziel ist das Schilthorn. Das ist der Traum und das ist es, was es zu erreichen gilt.
Und plötzlich bin ich mir wieder ganz sicher: Ich kann das!!! Das ist mein Ding! Das orangefarbene Tier fightet wieder! 😎

Wenn man sich das Streckenprofil anschaut, dann wird schnell klar, das es bergig wird. Insgesamt muss man 5500 HM überwinden.
Disziplin 1, das Schwimmen, ist allerdings ziemlich flach. 😀
Und ich denke dort wäre es auch an einem sehr schlechten Tag relativ unwahrscheinlich, das ich die Cut-Off nicht schaffe. Es sei denn, ein großes Seeungeheuer frißt mich. Aber Seeungeheuer hat man im Thuner See noch nie gesehen. Und selbst wenn es welche gäbe: Welches Seeungeheuer steht schon auf Triathleten im Neoprenmantel?
Die Rennradstrecke hat es in sich. Ich muss schön langsam anfangen. Am ersten Berg schon kaputt sein kann schlimme Folgen haben. Mein Rad ist ein in die Jahre gekommenes schweres Alu-Rad. Viel zu schwer für solche Sachen, aber vor zwei Jahren habe ich es auch damit geschafft. 🙂
Und wie immer gilt: die Maschine sitzt oben drauf 😀
Ich muss auch immer dran denken mich ausreichend mit Energie zu versorgen. Ich bin ja fast komplett auf flüssige Energie umgestiegen. Vertrage ich super und ich muss halt nicht essen. Weil das fällt irgendwann schwer.
Das Ziel ist zügig Rad zu fahren, aber so, das man anschließend noch die Beine hat, um den 11 Km Anstieg auf dem MTB zu absolvieren. Und dann kommt die 14 km Abfahrt. Ich habe dieses Jahr sehr viel gelernt auf dem MTB (O-Ton MTB Guide Harry in Österreich: Auf die Strecke schauen und einfach laufen lassen 😯 ) und fahre nochmal sicherer. Aber man braucht nach einem langen Tag dann auch noch genug Kraft, um sich auf diese Abfahrt konzentrieren zu können. Und Sicherheit geht natürlich wie immer vor.
Und dann kommt die Laufstrecke. 4 Km leicht bergab. Danach geht es nur noch hoch. Und an einigen Stellen zeigt die Grafik ganz gut, wie es da hoch geht.
Nach 14 Stunden muss ich im Ziel sein. Am bittersten wäre es am letzten Kontrollpunkt nicht weiter zu dürfen. Da sind es gerade mal noch 3 1/2 KM bis ganz hoch. Aber über 500 HM.
Das Wetter wird auch eine Rolle spielen. Aber da ich das nicht beeinflussen kann, habe ich beschlossen, es zu ignorieren.

Man wird mich sehen!

Was mich besonders freut ist, das ein paar mir sehr wichtige und liebe Freunde vor Ort sein werden. Ich habe natürlich vorgesorgt, damit man mich gut erkennen kann 😀

Ich bin mir absolut bewusst, dass das nicht leicht wird. Wenn es einfach wäre, würde man es ja auch Fußball nennen und nicht Triathlon 😉
Ein hartes Stück Arbeit wartet auf mich. Kein Kindergeburtstag (wobei, bei manchen Kindern kann auch so ein Kindergeburtstag recht anstrengend werden 😆 ). Es darf nicht viel schief gehen und die Beine müssen gut sein. Sonst wird das nix. Ich habe schon ganz andere Kaliber an Sportlern dort „scheitern“ sehen.
Aber es ist machbar. Und ich schaffe das! Ich freue mich jetzt richtig auf die Berge und das Rennen.
Schilthorn, ich komme!

14 Gedanken zu „Ich bin bereit

  1. Liebe Helge,
    ich kann nur aus der Ferne die Daumen drücken…viel wichtiger ist allerdings Deine Überzeugung und die hast Du gewonnen in den letzten Trainings, so dass es ja eigentlich klappen muss.
    Das Schilthorn erwartet Dich 😎

    Salut

    • Lieber Christian,
      Daumen aus der Ferne drücken ist cool 😎
      Ich bin froh, das ich meine Überzeugung noch rechtzeitig zurück gewonnen habe 🙂
      Vielen Dank
      Liebe Grüße
      Helge

  2. Liebe Helge,

    yeah, du schaffst das und ja, manche Kinder sind schon sehr … ääääh … speziell.
    Sag, als du vor 8 Jahren am Beckenrand standest, konntest du da schwimmen, also im Sinne von richtig schwimmen?

    Die Daumen sind für den 19. vorgemerkt. Alles Gute und viel Glück.

    LG’s. Irina

    • Liebe Irina,
      ich konnte vor 8 Jahren so schwimmen wie jede Oma im Schwimmbad. Ich konnte also weder richtig Brust schwimmen, noch Rücken und schon gar kein Kraul. Ich konnte auch gerade mal 15 Minuten am Stück „Laufschleichen“. Heißt, der Ansatz vom Laufen war zu erkennen, aber es war eben eher Schleichen. Und ich habe mein Rad jeden Hügel hoch geschoben. Ich habe Berge gehasst 😆
      Du siehst, man kann sich ganz schön weiter entwickeln. Wahrscheinlich wird das Laufen bald zu deiner neuen Leidenschaft 🙂
      Vielen lieben Dank fürs Daumen drücken.
      LIebe Grüße
      Helge

  3. Liebe Helge,
    in einem Punkt muss ich dir widersprechen. Natürlich gibt es ein Seeungeheuer im Thuner See. Aber das ist, wie jedes Jahr im August auf Urlaub in Grado am Mittelmeer. Das mag nämlich die Unruhe vor seiner Haustüre nicht und fährt deshalb jedes Jahr zur gleichen Zeit an die Adria. (Es hat mir schon eine Postkarte von dort geschrieben, dass es gut angekommen ist!) 😉
    Deine Vorfreude spricht für sich – du wirst einen (sauanstrengenden) superguten Tag haben! 🙂
    UND: Du wirst natürlich sowas von gut dabei aussehen!! 😀

    • Liebe Doris,
      ah, na dann entschuldige ich mich beim Seeungeheuer. Dann ist es also immer auf Urlaubsreise. 🙂
      Das hört sich sehr vernünftig an, so ein paar 100 Triathleten machen auch ganz schön Wallung in so einem See. Das verschreckt natürlich so manchen.
      Aber dann frißt es mich ja trotzdem nicht 😆
      Ja, also das mit dem gut Aussehen ist natürlich Pflicht. Gut aussehen und lächeln. Nur darauf kommt es an 😉
      Das wird ein Spaß!
      Liebe Grüße
      Helge

  4. Liebe Helge,
    welch ein langer Weg liegt hinter Dir. Wahrscheinlich hättest Du laut gelacht, wenn Dir jemand gesagt hätte, dass Du das Inferno eines Tages angehst. Aber siehe da, man wächst mit seinen Zielen, macht Erfahrungen, lernt daraus. Bei Dir fällt mir immer wieder Dein Durchaltewillen auf, Dein „Sich-quälen-Vermögen“, Deine Ausdauer. Du hast richtig kräftig trainiert und die richtigen Schlüsse aus dem Durchhänger gezogen. Bei solch einer Nummer wie dem Sturm aufs Schilthorn braucht es einen immens dicken Kopf. Und wenn den einer hat dann bist Du es!
    Ich bin sicher, Du wirst alles geben und drücke Dir gaaaaaaanz fest aus der Ferne die Daumen!
    Helge, Du schaffst das!!!!!!
    Liebe Grüße
    Elke

    • Liebe Elke,
      wahrscheinlich hätte ich damals schon laut gelacht, wenn mir irgendwer gesagt hätte, das ich überhaupt mal irgendeinen Triathlon finishe. Völlig unmöglich. 😐
      Tja, so kann man sich irren 😆
      Ja, der Kopf ist entscheidend. Deshalb bin ich so froh, das ich meine Zuversicht wieder erlangt habe. Wurde auch Zeit 🙂
      Danke fürs Daumen drücken. Und ja, ich schaffe das 😎
      Liebe Grüße
      Helge

  5. Liebe Helge,

    das Ziel ist das Ziel und dieser Post macht deutlich wo Du hinwillst. Auch ich werde aus noch etwas größerer Ferne als Christian die Daumen drücken. Mach Dein Ding!

    Liebe Grüße
    Volker

    • Lieber Volker,
      das ist sehr sehr lieb von dir 🙂
      Ich denke, ich werde für jeden von euch mal ein paar Km Laufen/Radeln/Schwimmen 🙂
      Ganz liebe Grüße
      Helge

  6. Oh gr8, liebe Helge,
    schön zu lesen, dass du bereit bist! 😉
    … und ich beneide dich ob deines Bergerlebnisses! – Die Qual gehört dazu und wir wollen es ja auch nicht anders! 😆
    Schön dass du Leute an der Strecke hast und das Wetter zu ignorieren ist ein sehr guter Entschluss, gerade für ein „Abenteuer“ in den Bergen. ❗

    Aber 3,5 km vor dem Ziel ein letztes Limit zu setzen ist noch nicht mal spät. – Wir hatten es zuletzt 900 m vor dem Ziel, aber fast 500 hm tiefer. Manche haben dafür über ne Stunde gebraucht!
    Du wirst aber alle Cut-Off-Zeiten packen! Versprochen! 😉
    Genieße die Vorfreude!
    LG Manfred

    • Lieber Manfred,
      japp, das Wetter ist eins der Dinge, auf die ich keinerlei Einfluss habe bei diesem Event. Insofern macht es keinen Sinn sich drum zu kümmern 😆
      Ich bereite mich auf alles vor. Und hoffe das Beste.
      Und genießen werde ich Vorfreude und Wettkampf.Oh ich freue mich so sehr auf die Berge 🙂
      900m vor dem Ziel rauszufliegen ist gemein 😐
      Es sei denn, es ist ein 10 km Lauf 😆
      Liebe Grüße
      Helge

  7. Hey!

    Zuletzt war ich hier zugegeben ja ein seltener Gast. Immer mal wieder unregelmäßig reingeschaut…
    Das bevorstehende Großereignis kann ich aber nicht unkommentiert lassen:
    Für den Inferno wünsche ich dir viel Glück, viel Erfolg, viel Spaß, gute Beine, einfach alles was man so gutes wünschen kann.
    Bin schon gespannt auf den anschließenden Bericht.
    Liebe Grüße,
    Patrick

  8. Liebe Helge,
    der Zeugwart und ich denken schon den ganzen Tag an Dich und hoffen sehr, dass Du einen ganz besonders tollen Wettkampf haben wirst. Mit viel Spaß, tollen Ausblicken und netten Mitstreitern. Ich freue mich schon sehr auf Deinen Bericht! Hau rein!
    Viele Grüße,
    Claudi

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